Samstag, 29. Dezember 2018

Meine Anfänge als Santana-Fan

Heute möchte ich erzählen, wie ich vor langer Zeit vom Santana-Fieber gepackt wurde.

Woodstock fand ohne mich statt – da war ich gerade in die 2. Klasse gekommen und hatte mit Hippies noch nix am Hut. Meine Eltern waren keine Hilfe – die waren musikmäßig auf einem anderen Planeten unterwegs. Ältere Geschwister, die mir auf die Sprünge hätten helfen können, gab es nicht. Und so brauchte alles seine Zeit. Meine Leidenschaft begann ganz unauffällig vor 41 Jahren im Herbst 1977, als ich zum Geburtstag von einem Freund die „Greatest Hits“ von Santana mit der weißen Taube vor dunkler Haut erhielt.


Genau dieses Album mit zehn Titeln und mit „Black Magic Woman“ ohne „Gypsy Queen“ (die moderne CD-Version ist ganz anders). Das war kein Wunsch, aber dem Freund bin ich noch heute dankbar. Immerhin war Santana mir nicht gänzlich neu, denn kurz zuvor war „Moonflower“ erschienen und ich erinnere mich, wie das Album spät abends im Radio ausführlich vorgestellt wurde und mir durchaus zusagte. Natürlich hörte ich die „Greatest Hits“ immer wieder, fand zunehmend Gefallen an der Musik und so entfaltete sie allmählich ihre Tiefenwirkung.

Mehr als ein Jahr später – Mitte März 1979 – hatte ich irgendwo ein bisschen Geld verdient. Und ich gewöhnte mir gerade an, solches bevorzugt für Musik zu verbraten. Just in jenen Tagen also gab es die ersten drei Alben von Santana in einem örtlichen Plattenladen im Angebot. Sie kosteten 13 Mark 80 und das war damals recht günstig. Ich kaufte „Santana 3“. Das Album muss mich wohl gepackt haben, jedenfalls holte ich mir am nächsten Tag „Santana 1“. Und am übernächsten Tag „Abraxas“. Damit nahm das Schicksal seinen Lauf. Jetzt ging es Schlag auf Schlag und auch mein späteres Lieblingsalbum „Caravanserai“ fand im selben Jahr zu mir. Irgendwann beschloss ich, die Santana-Alben komplett haben zu wollen. Das hat sich bis heute nicht geändert.

Einige Alben gönnte ich mir über die Jahrzehnte mehrfach. Beispielsweise „Santana 1“: 1979 als die erwähnte LP, dann – weil sie vom alten Plattenspieler ausgefräst war – erneut als LP. Dann als CD. Dann als Extended Edition mit drei Bonustracks. Dann als Legacy Edition mit einer zweiten CD, die unter anderem den fast kompletten Woodstock-Auftritt enthielt. Dann im 2-CD-Set „The Woodstock Experience“, weil auf der zweiten Scheibe diesmal auch das vorher fehlende „Evil Ways“ des Woodstock-Auftritts dabei war. Und in diesem Jahr schließlich als SACD. Macht sieben Mal. Ich weiß, einige von euch können das nachempfinden. Die meisten wohl eher nicht…

Sonntag, 16. September 2018

Santana-Bandmitglieder auf Tourneen

Santana ist seit jeher viel auf Tournee. Es ist eine klassische Liveband, die vom Kontakt mit dem Publikum lebt und dabei oft erst richtig aufblüht. Auch in Phasen, in denen Plattenveröffentlichungen eher mäßig gelangen oder nicht stattfanden, haben die Musiker auf der Bühne gezeigt, was in ihnen steckt und dass sie zu begeistern vermögen.


Da ich in meinem Buch „Sechs Jahrzehnte SANTANA“ die Geschichte Santanas entlang ihrer Plattenveröffentlichungen erzähle, bleiben einige Bandmitglieder unerwähnt, die nur live bei Santana spielten. Ihnen soll die folgende Übersicht gerecht werden. In dieser Aufstellung sollten sämtliche auf allen bisherigen Santana-Tourneen mitwirkenden Musiker erscheinen. Es müssen allerdings schon mehrere gemeinsame Konzerte gewesen sein, um sich für diese Liste zu qualifizieren. Einzelne Gastspiele genügen nicht.

Für Hinweise, um etwaige Lücken zu schließen und Fehler zu korrigieren, bin ich dankbar. Stand der Liste („heute“) ist übrigens August 2023.

Gitarre

Carlos Santana > 1966–heute
Tom Fraser > 1966–1967
Neal Schon > 1971–1972 / 2016
Chris Solberg > 1978–1980
Buddy Miles > 1986–1987
Myron Dove > 1992–1996 / 2003–2005
Jorge Santana > 1993
Tommy Anthony > 2005–heute

Bass

Gus Rodriguez > 1966–1967
Steve De La Rosa > 1967
David Brown > 1967–1971 / 1974–1976
Tom Rutley > 1971–1972
Doug Rauch > 1972–1973
Byron Miller > 1976
Pablo Tellez > 1976–1977
David Margen > 1977–1982
Keith Jones > 1983–1984 / 1989
Alphonso Johnson > 1984–1989 / 1992
Benny Rietveld > 1990–1992 / 1997–heute
Myron Dove > 1993–1997

Congas, Bongos, Timbales, Percussion

Michael Carabello > 1966–1967 / 1969–1971 / 2011 / 2016 (Congas)
Marcus Malone > 1967–1969 (Congas)
Jose „Chepito“ Areas > 1969–1977 / 1988–1989 (Timbales)
Rico Reyes > 1971 / 1972
Victor Pantoja > 1971
Coke Escovedo > 1971–1972
Pete Escovedo > 1971 / 1977–1979 (Timbales)
James Mingo Lewis > 1971–1972 (Congas)
Armando Peraza > 1972–1976 / 1977–1990 (Congas, Bongos)
Francisco Aguabella > 1976 (Bongos, Congas, Timbales)
Raul Rekow > 1976–1987 / 1990–2004 / 2005–2013 (Congas)
Orestes Vilato > 1980–1987 (Timbales)
Karl Perazzo > 1991–heute (Timbales)
Bobby Allende > 2005 (Congas)
Paoli Mejias > 2013–heute (Congas)

Schlagzeug

Danny Haro > 1966–1967
Bob Wehr > 1967
Rod Harper > 1967
Bob „Doc“ Livingston > 1967–1969
Johnny Rae > 1969
Michael Shrieve > 1969–1974 / 1988 / 2016
Leon „Ndugu“ Chancler > 1974–1976 / 1988
Gaylord Birch > 1976 / 1991
Graham Lear > 1976–1984 / 1985–1987
Chester C. Thompson > 1984
Walfredo Reyes > 1989–1991 / 1992–1993
Billy Johnson > 1991 / 1994–1995 / 2000–2001
Rodney Holmes > 1993–1994 / 1997–2000
Tommie Bradford > 1994
Horacio „El Negro“ Hernandez > 1997
Ricky Wellman > 1997
Dennis Chambers > 2002–2013
Cindy Blackman-Santana > 2010–heute
Pepe Jimenez > 2013–2015

Keyboards

Gregg Rolie > 1966–1972 / 1988 / 2015–2016
Tom Coster > 1972–1978 / 1983
Richard Kermode > 1972–1973
Chris Rhyne > 1978–1979
Alan Pasqua > 1979–1980
Richard Baker > 1980–1982
Chester Thompson > 1983–2008
David Sancious > 1984
Sterling Crew > 1985
Freddie Ravel > 2009
Salvador Santana > 2009 / 2015
David K. Mathews > 2010–heute

Gesang

Gregg Rolie > 1966–1972 / 1988 / 2015–2016
Leon Thomas > 1973
Leon Patillo > 1974–1975
Greg Walker > 1975–1976 / 1976–1979 / 1983–1986
Luther Rabb > 1976
Joel Badie > 1976
Alex Ligertwood > 1979–1983 / 1984–1985 / 1987 / 1989–1991 / 1992–1994
Buddy Miles > 1986–1987
Tony Lindsay > 1991 / 1995–2003 / 2010–2015 / 2017
Vorriece Cooper > 1992–1993 / 1999
Curtis Salgado > 1995
Andy Vargas > 1999–heute
Ray Greene > 2016–heute

Bläser

Jules Broussard > 1974–1975 (Saxophon)
Russell Tubbs > 1978 (Flöte)
Oran Coltrane > 1992 (Saxophon)
Jeff Cressman > 2000–2016 (Posaune)
William Ortiz > 2000–2016 (Trompete)

Montag, 8. Januar 2018

Santana – Lotus (Complete Edition 2017)

„Lotus“, das legendäre Livealbum von Santana aus dem Jahr 1974, aufgenommen am 3. und 4. Juli 1973 in Osaka, ist aufgrund seiner spektakulären Gestaltung durch Tadanori Yokoo seit jeher ein Juwel für Fans und Sammler. Am 6. Januar 2017 kommt für Sound-Feinschmecker eine Hybrid-SACD des Albums auf den Markt – im Quadrophonic-Mix als limitierte und nummerierte Doppel-CD mit schlichter Ausstattung. Das geht auch besser. Am 28. April 2017 erscheint „Lotus“ als Complete Edition in Japan als Dreifach-Hybrid-SACD in einer ähnlich üppigen Aufmachung wie die Legacy Edition (2006). Dazu gehören die verkleinerten Faltposter des ursprünglichen LP-Sets, ein verkleinertes Tour-Book (in dem Sänger Leon Thomas noch nicht vorgesehen ist – er muss recht kurzfristig zur Band gestoßen sein), der Reprint einer Eintrittskarte vom 4. Juli 1973 sowie ein 64-seitiges Booklet mit vielen Fotos und (leider) japanischen Texten, unter anderem von Tomoo Suzuki und Tadanori Yokoo. Mit 18 x 18 cm fällt dieses Ensemble ungewöhnlich großformatig aus. Vor allem enthält es sieben bislang unveröffentlichte Songs – das sind insgesamt rund 35 Minuten mehr: „Japan“, „Bambele“ und „Um Um Um“ auf CD 1, „Light Of Life“ auf CD 2 sowie „Savor“ (diesmal aber wirklich), „The Creator Has A Master Plan“ und „Conga Solo“ auf CD 3.


Der legendäre und mit zwei Grammys geehrte Toningenieur Tomoo (auch Tamoo, Tom oder Tomas) Suzuki, 1973 bereits für die Aufnahme und Abmischung des Original-Albums verantwortlich, mischt 44 Jahre später unter Verwendung der Mastertapes auch diese sieben bislang unveröffentlichten Tracks ab. Tomoo Suzuki erzählt über die Entstehung von „Lotus“, das ursprünglich nur in Japan erscheinen sollte: „Anfang der Siebziger gab es kaum ‚echte’ Aufnahmestudios in Japan, um es mal ganz unverblümt auszudrücken. Die meisten Plattenfirmen oder Labels brachten einfach ihre eigenen Aufnahmegeräte mit in die Konzerthallen. Bei CBS/Sony nutzten wir damals ein spezialangefertigtes 8-Spur-Tonbandgerät für Musikaufnahmen. Es war aber so, dass Santana ausdrücklich um ein 16-Spur-Gerät gebeten hatte und zu der Zeit gab es nur ein einziges importiertes 16-Spur-Tonbandgerät im ganzen Land. Ich fragte den Firmenpräsidenten Mr. Oga persönlich, ob ich diesen 16-Spur-Recorder verwenden und eine Funktionsprüfung durchführen dürfe. Irgendwie konnte ich ihn überzeugen und der Recorder wurde nach Osaka gebracht, damit wir den Auftritt von Santana aufnehmen konnten. Seinerzeit war es keineswegs so leicht wie heute, die schweren und kostbaren Aufnahmegeräte zu transportieren. Ich stellte gar ein Team zusammen, dessen einziger Job darin bestand, die 16-Spur-Aufnahmebänder so schnell und präzise zu wechseln wie ein Formel-1-Team Reifen wechselt“.

Für die Aufnahmen zum Album „Welcome“ sowie die Japan-Tour reiht sich Sänger und Stimmakrobat Leon Thomas bei Santana ein. Zu den zahlreichen Stationen in seiner Karriere zählen Art Blakey und Count Basie sowie später Freddie Hubbard und Joe Henderson. Leser des Magazins Down Beat wählen ihn Anfang der Siebziger mehrfach zum besten Jazzsänger. Es spricht für Santana, dass die Band immer wieder solche hochkarätigen Musiker verpflichten kann. Die warme, volle Stimme kam bislang jedoch kaum zur Geltung, da sich auf „Lotus“ recht wenige Stücke mit Gesang befanden. Mit den sieben neuen Songs ändert sich dies gründlich.

„Japan“ ist ein von Santana mit Elementen japanischer Musik gelungen angereicherter Song von R. Hayashi und T. Matsushima, dessen Lyrics allerdings ziemlich pathetisch und patriotisch ausfallen. Dem Publikum freilich gefällt er.

„Bambele“, besteht aus Chants, Percussion und einigen Keyboardeinlagen. Es wurde erstmalig auf „Viva Santana!“ veröffentlicht. Jene deutlich kürzere Version stammt ebenfalls aus 1973.

„Um Um Um“ ist ein Sammelsurium von Scatgesang und vokalen Experimenten. In einem Interview (1970) erläutert Leon Thomas: „Ich verlor alle meine Vorurteile über die Begrenzungen der menschlichen Stimme, ich lernte, mich in alle Richtungen zu bewegen und begann, alle Möglichkeiten zu hören. Am Beginn von aller Musik stand die menschliche Stimme – lange bevor es noch irgendein Instrument gab. Für das, was ich tue, gibt es eigentlich keine Bezeichnung. Ich nenne es ‚ego-less music’, denn es kommt aus den Tiefen meines Unterbewusstseins. Ein Stöhnen, ein Seufzen, ein schriller Schrei – das kann alles ausdrücken, was Menschen imstande sind, zu empfinden. Was aus meinem Unterbewusstsein kommt, darf mein Bewusstsein auf keinen Fall einengen oder begrenzen – nur kontrollieren! Ich habe auf archaische Dinge zurückgegriffen: Musik aus dem Himalaya, indische Ragas, Gesänge der Pygmäen in Zentralafrika – ‚Umbo Veti’ etwa ist ein uraltes Jagdlied. Die Pygmäen singen es, bevor sie auf Elefantenjagd gehen. Viele Weiße sagen, diese Musik sei primitiv. Aber das ist nicht wahr, sie ist sehr komplex und subtil – und zugleich gibt sie der menschlichen Stimme ungeahnte Freiheiten des Ausdrucks. Es ist die Aufgabe des Künstlers, dem Zuhörer eine neue Perspektive von dem zu vermitteln, was um ihn her geschieht, es zu kommentieren – und damit zu ordnen. Die Leute hören einem Sänger zu, wenn er es versteht, sie in ihrem Unterbewusstsein zu treffen. Das kann er aber nur, wenn er sein eigenes Unterbewusstsein weit öffnet“.

„Light Of Life“ ist eines der vier auf „Lotus“ enthaltenen Stücke, die auch auf „Welcome“ erscheinen werden, jedoch erst nach der Tournee im Herbst (2003 kommt als Bonus Track noch „Mantra“ hinzu).

Den spirituellen Song „The Creator Has A Master Plan“ begleitet Leon Thomas, der ihn gemeinsam mit Pharoah Sanders geschrieben hat, bereits auf dessen Album „Karma“ (1968) in einer sehr intensiven und mehr als halbstündigen Version. Stimmungsvoll und ergreifend ist zudem sein späteres Duett mit Louis Armstrong. Santana und John McLaughlin interpretieren den Titel 2011 in Montreux. Und wenn Leon Thomas auf der Japan-Tour schon bei Santana mitwirkt, darf dieses Stück natürlich auch hier nicht fehlen. Unverständlich und bedauerlich finde ich allerdings, dass es uns bislang vorenthalten blieb. Melodisch, zart und berührend unterstützen Keyboards, Schlagzeug, Percussion, Bass und der Hintergrundgesang der anderen Musiker Leon Thomas. Für mich bildet dieses wunderbare „The Creator Has A Master Plan“ den emotionalen Höhepunkt des Albums.

Endlich klärt sich gar das Wirrwarr um „Mr. Udo“ und „Savor“. Der bislang unter beiden Namen veröffentlichte Song heißt hier „Mr. Udo“. Dies ergibt auch einen Sinn, denn das neu enthaltene „Savor“ entspricht unverkennbar dem gleichnamigen Song vom Debütalbum. Offenbar wurde „Mr. Udo“ auf der ursprünglichen LP sowie der Legacy Edition von „Lotus“ lediglich falsch benannt. Und wer nicht genau aufpasst, bemerkt kaum das ebenfalls neue „Conga Solo“ und stellt erst bei „Toussaint L'Overture“ fest, dass er sich wieder auf bekanntem Terrain befindet.

Fazit: ich möchte diese Schmuckausgabe von „Lotus“ nicht missen. Leider muss man dafür wirklich tief in die Tasche greifen. Vielleicht erscheinen die Titel ja gelegentlich auch als Bonus Tracks auf der einfachen CD-Ausgabe